Plötzlicher Kindstod. Ein Begriff, den alle Eltern kennen und fürchten. Denn der plötzliche Kindstod oder SIDS (Sudden Infant Death Syndrome) kann scheinbar gesund wirkenden Babys im Schlaf vom einen Moment auf den nächsten das Leben kosten. Was genau man unter dem plötzlichen Kindstod versteht, welche möglichen Ursachen, neue Erkenntnisse und Empfehlungen es zur Vorbeugung gibt, erklären wir dir hier.

Was ist der plötzliche Kindstod?

Als plötzlicher Kindstod wird der plötzliche und unerwartete Tod eines Babys im Alter zwischen einem Monat und einem Jahr bezeichnet, der in den meisten Fällen während des Schlafes eintritt. Auch nach genauerer Untersuchung des Säuglings gibt es keine genaue Ursache für den Todesfall – er schien gesund und unauffällig. Babys im Alter zwischen zwei und vier Monaten sind besonders vom plötzlichen Kindstod betroffen.

SUID und SIDS: Was ist der Unterschied?

Der Begriff „plötzlich unerwarteter Kindstod“ (auf Englisch: sudden uninspected infant death, kurz: SUID) beschreibt allgemein alle Todesfälle von Säuglingen unter einem Jahr, die gesund und wohlauf schienen, aber meist während des Schlafes versterben. SUID beschreibt somit Todesfälle, bei denen nach genauerer Untersuchung eine Ursache (wie Ersticken, Strangulieren, Tod aufgrund eines Infekts oder durch Gewalteinwirkung wie Schütteln) feststellbar ist, und solche, bei denen auch nach Untersuchung des Kindes kein Grund erkennbar scheint. Das ist beim plötzlichen Kindstod (SIDS) der Fall. SIDS ist also eine Untergruppe von SUID.

Plötzlicher Kindstod: Mögliche Ursachen und neue Erkenntnisse

Eine genaue Ursache für den plötzlichen Kindstod konnten Wissenschaftler:innen bislang noch nicht finden. Es wird vermutet, dass vor allem die Genetik oder entzündliche Veränderungen der Atemwege Gründe für SIDS sein können. Daher sind vor allem Babys gefährdet, deren Geschwister am plötzlichen Kindstod verstorben sind und Babys, deren Eltern während der Schwangerschaft geraucht haben.

Dreifaches Risikomodell (Triple-Risk-Hypothese)

Bei der Ursachenforschung stützen sich Wissenschaftler:innen auf das sogenannte „Dreifache Risikomodell“. Demnach versterben Babys nur dann am plötzlichen Kindstod, wenn drei Risikofaktoren zutreffen:

  1. Das Kind ist (z.B. aufgrund von genetischen Defekten) gefährdet.
  2. Das Baby befindet sich in einer kritischen Entwicklungsphase für die homöostatische Kontrolle, also die Lebenserhaltung und Funktion wichtiger Organe und Abläufe im Körper und Gehirn.
  3. Es ist/war einem äußeren Stressfaktor ausgesetzt.

Für den ersten Grund könnten Wissenschaftler:innen einen wichtigen Biomarker – ein biologisches Merkmal, dass sich in Blut- oder Gewebeproben zeigt – gefunden haben:

Neue Erkenntnis: Enzym könnte schuld am plötzlichen Kindstod sein

Neue Erkenntnisse brachten im Jahr 2022 zutage, dass ein Enzym schuld daran sei, dass manche Babys im Schlaf sterben. In den Blutproben von über 60 verstorbenen Säuglingen zeigte sich, dass die Aktivität des Enzyms Butyrylcholinesterase (BChE) bei Kindern, die an SIDS verstorben waren, deutlich geringer war als bei gesunden Babys und bei solchen, die aus einem anderen Grund verstorben waren.

Das Enzym ist an der Kommunikation im Gehirn beteiligt. Das Fehlen dieses Enzyms oder eine eingeschränkte Aktivität kann den natürlichen Weckmechanismus bei einem Atemaussetzer im Schlaf stören.

Das Forschungsteam um die Wissenschaftlerin Dr. Carmel Therese Harrington, die den Enzym-Defekt entdeckte, will sich nun weiteren Untersuchungen widmen. So soll es in Zukunft möglich sein, Babys mit einem erhöhten Risiko für den plötzlichen Kindstod anhand dieses biochemischen Markers zu identifizieren und entsprechend zu behandeln.

Eine Zusammenfassung der Studie und was sie bedeutet, zeigt außerdem dieses Video:

Risikofaktoren, die zum plötzlichen unerwarteten Kindstod führen können

Es gibt einige Faktoren, die das Risiko für den plötzlichen unerwarteten Kindstod erhöhen können. Das sind:

  • Baby schläft nachts in Bauchlage
  • Überhitzung, z.B. durch dicke Decken oder hohe Raumtemperatur
  • Infekte, die die Atmung stark beeinträchtigen
  • übermäßiger Stress
  • Rauchen, Alkohol- und Drogenkonsum der Mutter während der Schwangerschaft
  • frühgeborene Babys

Was sind Anzeichen des plötzlichen Kindstodes?

Wie es der Name schmerzlich treffend beschreibt, verstirbt das Baby plötzlich – und das meist im Schlaf. Noch beim Zu-Bett-Gehen kann es quietschfidel sein. Es ist daher sehr schwierig, Anzeichen dafür zu erkennen, da es womöglich gar keine gegeben hat.

Plötzlicher Kindstod: Wie viele Kinder sterben daran?

Der plötzliche Kindstod ist unglaublich tragisch, aber in Deutschland verhältnismäßig selten. Im Jahr 2020 starben von insgesamt 773.144 geborenen Kindern 84 Babys an SIDS. Zum Vergleich: Im Jahr 1991 starben 1.285 Babys. Das bedeutet einen Rückgang von 93 Prozent.

Empfohlene Maßnahmen, um dem plötzlichen Kindstod vorzubeugen

Da die Erkenntnisse über BChE recht neu sind und die Forschung in Kinderschuhen steckt, sind vorbeugende Maßnahmen nach wie vor die beste Methode, um das Baby besonders vor dem plötzlichen unerwarteten Kindstod zu schützen. Das heißt, es muss nachts eine sichere Schlafumgebung geschaffen werden, bei der sich das Baby nicht versehentlich einwickeln oder ersticken kann.

So hat es sich seit Jahren bewährt, das Baby nachts auf dem Rücken schlafen zu lassen. Durch diese Empfehlung haben sich SUID-Fälle  von 1,34 pro 1000 Lebendgeborenen im Jahr 1991 auf 0,64 im Jahre 2008 reduziert. Davon abgesehen solltest du dich an folgende Empfehlungen halten:

  • Leg dein Baby zum Schlafen auf eine feste Matratze. Es sollte nicht schräg liegen.
  • Gib deinem Baby am Tag genug Bauchzeit. Das stärkt die Nackenmuskulatur und beugt einem abgeflachten Hinterkopf vor.
  • Achte auf eine ideale Raumtemperatur, um Überhitzung zu vermeiden. Zum Schlafen sind 18 °C optimal.
  • Große Decken haben im Babybett nichts verloren. Am besten trägt dein Schatz einen Schlafsack in passender Größe. Auch Felle, Kopfkissen, Nestchen und gepolsterte Bettumrandungen sollten sich nicht im Babybett befinden.
  • Wickel dein Baby zum Schlafen nicht fest ein.
  • Dein Baby sollte idealerweise bei dir im Zimmer in einem Beistellbettchen schlafen. Schläft es neben dir im Bett, solltest du darauf achten, dass es sich nicht durch die Bettdecke, das Kopfkissen oder andere Textilien selbst überdecken kann.
  • Achte auf eine rauchfreie Umgebung.
  • Es hat sich gezeigt, dass Stillen das Risiko von SIDS senken kann. Der Grund dafür ist wissenschaftlich noch nicht eindeutig geklärt. Vollgestillte Kinder haben allerdings einen leichteren Schlaf und schrecken daher schneller auf. Daher lautet die Empfehlung, das Baby mindestens vier Monate zu stillen.
  • Auch ein Schnuller kann das Risiko senken und führt nicht zu einer Stillverwirrung, wenn die Stillbeziehung bereits erfolgreich etabliert ist.
  • Der Säugling sollte alle empfohlenen Impfungen erhalten.

An wen kann ich mich wenden, wenn mein Kind am plötzlichen Kindstod gestorben ist?

Der Schmerz, den betroffene Eltern verspüren, ist unvorstellbar groß. Es ist das Schlimmste, was Eltern passieren kann. Wenn dein Kind am plötzlichen Kindstod gestorben ist, findest du Unterstützung durch Elterninitiativen und Selbsthilfegruppen. Sie begleiten dich in Zeiten tiefster Trauer und helfen dir, diesen schweren Verlust zu verarbeiten.  

Quellen

Carmel Therese Harrington: Butyrylcholinesterase is a potential biomarker for Sudden Infant Death Syndrome| Christian F. Poets: Prävention des plötzlichen Säuglingstods | Kinder und Jugendärtze im Netz | PTAheute | Health Celerates |  Deutsches Ärzteblatt

About the Author

Julia May

Hi! Ich bin Julia und seit 2018 Mama eines aufgeweckten Jungen, der meine Welt manchmal ganz schön auf den Kopf stellt. 2022 gesellte sich mein zweites Söhnchen hinzu und gemeinsam erleben wir den trubeligen Alltag einer vierköpfigen Familie. Meine Erfahrungen teile ich mit dir in zahlreichen Artikeln rund um Kindererziehung, Schwangerschaft und Gesundheit und gebe bewährte und hilfreiche Tipps, die deinen Familienalltag erleichtern.

View All Articles