„Nun zieh dich doch bitte an!“, „Trödel doch nicht so, wir müssten schon längst auf dem Weg sein!“, „Putz dir doch endlich die Zähne!“ Kommen dir diese Sätze bekannt vor? Dann geht es dir wie vielen Eltern, die ihrem Kind für sie alltägliche und selbstverständliche Dinge nahebringen wollen und dabei immer wieder auf Unverständnis und Trotz des Nachwuchses stoßen. Wie du mit solchen Situationen, in denen dein Kind nicht hören will, umgehst, ohne dass sie stressig für dich und deinen Schatz werden, erfährst du in unserem Artikel.

Gründe, warum dein Kind nicht hört

Klar kann es sein, dass dein Kind dich auch mal bewusst provozieren möchte, in dem es nicht hört. Doch meistens meinen Kinder das gar nicht böse. Je nach Alter deines Kindes solltest du auf seinen Entwicklungsstand Rücksicht nehmen. Kleinkinder verfügen noch nicht über die Empathie und den Perspektivwechsel wie Erwachsene. Um den zweiten Geburtstag herum nehmen Kinder sich als eigenständige Wesen wahr und erkennen das ICH. Diese Ichbezogenheit führt dazu, dass sie Dinge für sich beanspruchen und nur dann hören, wenn sie es möchten und sich wohlfühlen. Aus diesem Denken entwickelt sich in den folgenden Jahren das Verständnis für ihr Gegenüber. Das bedeutet, dein Kind versteht vielleicht noch nicht genau, dass sein Verhalten dazu führt, dass du gereizt wirst. Die ICH-Phase kann sich bis ins vierte Lebensjahr hinein erstrecken.

Mit dem Stand des sozialen Denkens und Handelns deines Kindes im Hinterkopf könnten folgende Gründe dahinterstecken, warum dein Kind nicht hören will oder gar provoziert:

  • Es ist von einem Bedürfnis abgelenkt: Großer Hunger, Durst oder der Wunsch nach Aufmerksamkeit können dazu führen, dass dein Kind deiner Aufforderung nicht nachgeht bzw. nicht nachgehen kann oder sich querstellt.
  • Kooperationsbereitschaft lässt nach: Kinder, die eine Kindertageseinrichtung besuchen, sind vor allem am späten Nachmittag und Abend ausgelaugt oder von den vielen Eindrücken des Tages oder überdreht. In der Kita müssen sie schon die ganze Zeit kooperieren – zu Hause soll es dann genau so weitergehen. Viele Kinder tun sich dann schwerer damit, den Aufforderungen der Eltern nachzukommen. Und nicht nur das: Bei manchen kommt es regelrecht zu einem Wutanfall. Erziehungsexperten zufolge solltest du so ein Verhalten übrigens als ein Kompliment sehen! Denn nur bei dir können sie alle Gefühle rauslassen, so sein, wie sie sind und sich dabei immer sicher sein: Ich werde mit all meinen Facetten geliebt.
  • Dein Kind ist in ein Spiel oder einen Gedanken vertieft: Es wirkt so, als würde dein Kind dich bewusst ignorieren? Vielleicht ist es nur nicht ganz anwesend, da es gerade sehr in ein Spiel oder in einen Gedanken vertieft ist und dich und deine Aufforderung dadurch nicht wahrnimmt.
  • Grenzen austesten: Wie reagieren meine Eltern bzw. Bezugspersonen, wenn ich bewusst nicht das mache, was sie von mir verlangen? Auch das kommt vor. Besonders, wenn sich dein Schatz in der berüchtigten Autonomiephase befindet. Doch auch dann meint es dein Kind nicht böse und will dich damit nicht bewusst ärgern. Es will einfach sehen, wie du auf sein Verhalten reagierst.

Dein Kind hört nicht auf dich? Probiere diese 7 Tipps aus

Das Kind will nicht hören und stur seinen Willen durchsetzen. Für uns Eltern kann das schnell zermürbend sein. Besonders dann, wenn es in bestimmten Situationen schnell gehen muss oder man selbst nach einem langen Arbeitstag müde ist und der Geduldsfaden kurz. Dennoch solltest du versuchen Ruhe zu bewahren und am besten folgende Tipps ausprobieren:

Begib dich auf Augenhöhe

Vielleicht kommt es dir nur so vor, dass dein Kind provokant nicht auf dich hören will – obwohl es nur voll und ganz in ein Spiel vertieft ist. Durch den Raum rufen ist dann wenig hilfreich. Genauso wenig, wie die Stimme zu heben und Warnungen auszusprechen. Setze dich zu deinem Schatz, tippe ihn an oder berühre ihn sanft und warte kurz, bis er aus seinem Spiel auftaucht und dich wahrnimmt. Dann erklärst du in neutraler, aber bestimmter Stimmlage, was du von deinem Kind möchtest.

In der Kürze liegt die Würze

Gerade jüngere Kinder benötigen keine langen Predigten, sondern kurze und klare Formulierungen: „Zieh bitte deine Jacke an“, oder: „Räume bitte deine Bücher ins Regal.“ Vermeide außerdem Verneinungen und formuliere Sätze positiv. Also statt: „Nicht weglaufen“, sagst du zu deinem Kind besser: „Bleib bei mir“.

Stimme richtig einsetzen

Wir Eltern neigen dazu, die Stimme am Ende einer Aufforderung zu heben. Und noch schlimmer, wir beenden Sätze – auch streng gesprochene – mit einem „okay“? Nö, Mama, Papa, gar nix ist okay! Ich spiele lieber weiter. – Ist da natürlich eine schlüssige Reaktion des Sprösslings. Wenn du eine klare Ansage an dein Kind machst, sollte sich das auch in deiner Stimme widerspiegeln.

Natürliche Konsequenzen zeigen

Je nach Alter deines Schatzes und wenn zumutbar, solltest du deinem Kind die natürlichen Konsequenzen zeigen, wenn es nicht hören will und partout auf seinem Willen beharrt. Es möchte morgens seine Jacke nicht anziehen? Dann geht ihr eben ohne Jacke hinaus. Wenn dein Kind merkt, dass es friert, wird es freiwillig seine Jacke einfordern. Dein Schatz trödelt lange in der Früh? Dann bleibt eben keine Zeit, z.B. die große Baustelle anzusehen, an der ihr auf dem Weg zum Kindergarten vorbeilauft. Bestimmt merkt sich dein Sprössling das und ist am nächsten Tag etwas schneller.

WICHTIG: Auch, wenn es in solchen Situationen schnell stressig werden kann, wenn das Kind nicht hören will und nicht das macht, was du möchtest, solltest du möglichst darauf verzichten deinem Kind seine Aufgaben abzunehmen. Dadurch, dass du die Verantwortung übernimmst, schränkst du deinen Schatz in seinem Streben nach Selbstständigkeit ein und verhinderst den Lerneffekt, den er erfährt, wenn er die Konsequenzen aus seinem Handeln spürt.

Wahlmöglichkeiten geben

Bei jüngeren Kindern – Kleinkindern mit ca. zwei oder drei Jahren – mag der Lerneffekt durch die Konsequenzen des eigenen Handelns noch nicht so groß sein. Bei ihnen hilft es besonders, ihnen Wahlmöglichkeiten zu bieten. Das kann schon beim Anziehen am Morgen beginnen: Anstatt, dass du deinem Sprössling schon das Outfit für den Tag zurechtlegst und ihn zum Anziehen aufforderst, lässt du ihn selbst aus zwei oder drei Hosen, Pullovern und T-Shirts wählen. Durch das Mitentscheiden ist dein Kind eher bereit, zu hören und das zu machen, was du verlangst.

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Dasselbe gilt für Situationen, die gefährlich für deinen Schatz werden können, er die Tragweite allerdings noch nicht nachvollziehen kann. So ist es nun mal ein Muss, beim Fahrradfahren einen Helm zu tragen. Möchte dein Schatz das nicht, biete ihm eine Wahlmöglichkeit: Er kann entweder den Helm aufsetzen und weiter radeln, oder er zieht ihn nicht auf und ihr spielt dafür etwas anderes.

Mit Spiel & Spaß überzeugen

Keine Lust auf Händewaschen, keine Lust aufs Zähneputzen, keine Lust aufs Aufräumen: Täglich grüßt das Murmeltier. Gerade bei den alltäglichen Dingen, bei denen Kindern nicht hören wollen und nicht das machen, was sich die Eltern wünschen, hilft oftmals eine Portion Kreativität. Aufräumen ist langweilig für Kinder, daher könntest du es mit witzigen Aufräumspielen probieren, die aus dieser lästigen Tätigkeit eine lustige Aktivität zaubern. Um das Zähneputzen spannender zu gestalten, verwandelt sich die Zahnbürste in einen sprechenden Zauberstab, der alle Beißerchen blitzeblank zaubert.

Lobe deinen Schatz, wenn er sofort auf dich hört

Negatives Benehmen wird schnell bewertet oder gar bestraft, wohingegen ein positives und gewünschtes Verhalten oftmals als selbstverständlich angesehen wird. Damit dein Kind ein bestimmtes Handeln in Erinnerung behält, solltest du es loben, wenn es eine Sache gut gemacht hat. Es ist schnurstracks nach dem Essen ins Badezimmer gelaufen, um sich die Hände zu waschen? Dann lobe deinen Schatz dafür. Es ist bei längeren Wartezeiten oder bei einem kleineren Geschwisterchen überaus geduldig? Auch das solltest du nicht unbemerkt lassen. Lobe deinen Sprössling unmittelbar nach dem gewünschten bzw. positiven Handeln.

Was hat dir dabei geholfen, ruhig und besonnen mit deinem Kind umzugehen, wenn es nicht hören wollte? Kennst du weitere Tipps, die Eltern in der gleichen Situation helfen könnten? Dann schreib sie uns gerne in die Kommentare!

Quellen
Madeleine Rickenbach: Erziehen ohne Strafen | Familienhandbuch.de: Empathie und soziales Verstehen in den ersten Lebensjahren

Veröffentlicht: 21.09.21
Aktualisiert: 20.03.25

Über den Autor

Julia May

Hi! Ich bin Julia und seit 2018 Mama eines aufgeweckten Jungen, der meine Welt manchmal ganz schön auf den Kopf stellt. 2022 gesellte sich mein zweites Söhnchen hinzu und gemeinsam erleben wir den trubeligen Alltag einer vierköpfigen Familie. Meine Erfahrungen teile ich mit dir in zahlreichen Artikeln rund um Kindererziehung, Schwangerschaft und Gesundheit und gebe bewährte und hilfreiche Tipps, die deinen Familienalltag erleichtern.

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